SILBERSCHWINGE

SILBERSCHWINGE

Im Traum durchmaß er seine eigenen Welten, mühelos flog er durch seinen eigenen
Kosmos. Eine Welt die er mit seinem speziellen Sinn wahrnahm..im Traum ins Unendliche verstärkt.Flirrende Insekten wirbelten in riesenhaften Schwärmen um ihn herum,glitzernd wie Tautropfen.
Der alte Anführer der Fledermäuse zuckte im Schlaf mit den Schwingen.Der silbrige Schimmer auf seinen Flügeln kam von seinem Alter. Denn Silberschwinge war alt, sehr alt für eine Fledermaus.Sein ehemals dunkles Fell war nahezu grau, und auf seinen Flügeln lag ein silbriger Schimmer.Er war immer noch stark, wenn auch nicht mehr der stärkste im Clan,doch seine Klugheit sicherte ihm die Führerschaft seit langen Jahren. Hunderte seiner Art hingen mit dem Kopf nach unten an der Decke und an den Gesimsen der großen Höhle.Früher waren es mehr gewesen..viel mehr.
Aber in den vergangen Zyklen war etwas geschehen... etwas, gegen das nicht einmal Silberschwinge ein Mittel wußte. Die Nahrung war knapp geworden, und überdies nicht immer bekömmlich für den Clan.Es gab viele Krankheiten, denen viele Junge zum Opfer fielen.Es wurden überhaupt weniger Junge geboren, und von denen die geboren wurden waren viele anfällig und schwach.Es war, als wäre etwas im Regen oder in der Luft. Etwas das die Insekten dezimierte..Insekten waren Nahrung - und wenig Nahrung hieß: wenig Fledermäuse.
Es hatte schon vorher oft schlechte Zyklen gegeben, das war der Lauf der Dinge.Manchmal geschah etwas, das die Kette störte oder zeitweilig sogar unterbrach, das wußte er aus Erfahrung und außerdem sagte ihm das sein Artgedächtnis.Aber ernsthaft bedroht war der Clan nie gewesen.Alles hatte sich bisher erholen können.Auf einen schlechten Zyklus folgten viele gute.
Aber das war anders geworden, der Bestand der Nahrung erholte sich nicht mehr.Zu wenige Junge wuchsen zu starken und gesunden Fledermäusen heran.
Unruhig bewegte er sich im Schlaf. Sein Traum war dunkel geworden, die irisierenden Schwärme waren fort.Er torkelte allein durch eine schwarze Nacht.Entsetzlich kalt war ihm, er wollte sich wärmen an der Geborgenheit zwischen den anderen, aber er war allein.Allein war Silberschwinge nichts, war er nicht am Leben..er fiepte klagend in Erwartung seines Todes.
Der Traum wurde heller, er war immer noch allein...aber spürte eine Anwesenheit, eine Berührung wie hinter seiner Stirn.Ohne es zu wollen driftete der Alte in die Gegenwart der Höhle und öffnete alle seine Sinne in Wachheit.Es war kurz vor Einbruch der Dämmerung, trotzdem war vom Clan kein Laut zu hören. So als wären alle in tiefem Schlaf.Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Eingang seines Refugiums und auf das was näherkam, auf ihn zu.
Das Gefühl der Berührung in seinem Kopf wurde intensiver, aber nicht beängstigend..er nahm es hin und sah in die Augen der Bärin.Er verlor sich in dem Blick des Tieres, das ihn geduldig ansah ohne sich zu rühren..eine nicht zu begreifende Zeitspanne.Dann fühlte er plötzlich so als ob er noch träumte, wie sich die Anwesenheit entfernte..eine Vision eines Bären der gemächlich die Höhle verließ.
Eine Botschaft war überbracht worden.Es war Zeit zum Fliegen.
Plötzlich war um ihn herum die gewohnte Unruhe, Flügel schlugen, Junge fiepten, Lärm und Bewegung, scheinbar ohne jede Ordnung.
Silberschwinge stieß sich von der Decke ab und enfaltete blitzschnell seine Flügel.Er stieß einen nur für den Clan hörbaren Signalruf aus und flog elegant aus der Höhle, gefolgt von den Hunderten.Den Alten erreichte das Erstaunen der Anderen,als er zielgerichtet und mit hoher Geschwindigkeit durch die einbrechende Nacht steuerte.Aber sie folgten ihm, und das machte ihn stark.Der Schwarm, der Clan verdunkelte den Vollmond fast wie in alten Tagen, als er die Lichtung mit den Ringsteinen erreichte.
Über dem Steintanz hielten sie sich in der Luft, in Bewegung bleibend, wogend..ihre Sinne auf den riesigen Schatten gerichtet der auf dem Felsen nahebei thronte.Lange Zeit, vertieft in Wahrnehmung.
Dann entfalteten sich mit lautem Geräusch mächtige Schwingen, streckten sich und verdeckten den Mond vollends.Ein mächtiger Körper streckte sich und stieß sich ab vom Felsen, glitt in die Luft und stieg höher.Und mit ihm flog der Clan, mit Silberschwinge an der Spitze.Lautlos schlossen sie den Pakt mit dem Drachen, dem Hüter der Erde...zu ihrem eigenen Nutzen und Schutz, für alle Zeiten unter seinen Schwingen zu fliegen um die Elemente zu vereinen.Um zu heilen was geheilt werden muß.